Lehrer von morgen: Vier Jahre Studium für eine starke Zukunft im Klassenzimmer (Reform)
- Cédric Falter
- 2. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Im September 2025 startet an der Autonomen Hochschule Ostbelgien in Eupen die reformierte Ausbildung für Kindergärtner/-innen und Primarschullehrer/-innen. An der Hochschule freut man sich auf den Studienbeginn, nachdem die Entwicklungsarbeit nach intensiven letzten Jahren und Monaten nun in die Zielgerade geht.
„Wir haben die Reform und Verlängerung des Studiums auf vier Jahre zum Anlass genommen, das aktuelle Programm auf den Prüfstand zu stellen und den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen des Lehrerberufs in Ostbelgien anzupassen“, schildert Cathérine Mattar, Leiterin des Fachbereichs Bildungswissenschaften an der AHS, das Vorhaben. Bereits 2017 wurde das Projekt an der AHS eingeläutet, indem die Bedürfnisse der Berufe analysiert und daraufhin ein angepasstes Kompetenzprofil für die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen erstellt wurde. Dieses ist nun seit drei Jahren verankert und bildet das Gerüst der reformierten Ausbildung. Ab September steht nun ein Studienjahr mehr Zeit zur Förderung dieser Kompetenzen zur Verfügung. Cathérine Mattar ist dabei wichtig zu betonen, dass nicht einfach ein Jahr zum bestehenden Studium hinzugefügt wird, sondern dass sich alle vier Studienjahre grundlegend verändern.
Neue Studieninhalte und Vertiefung des Bestehenden
Eine bedeutende Entwicklung ist, dass die aktuellen Zusatzausbildungen in Förderpädagogik in beiden Abteilungen und in der Fremdsprachendidaktik Französisch in der Abteilung Primarstufe in das Grundstudium integriert werden. „Mit dem Abschluss des Studiums werden alle Absolventen die Zulassung besitzen, den Fremdsprachenunterricht in den Grundschulen zu erteilen und als Förderpädagoge oder als Lehrperson im Förderschulwesen zu arbeiten“, so der zuständige Minister Jérôme Franssen. Die Liste der vertiefenden oder neuen Studieninhalte ist lang: Pädagogische Diagnostik, die Arbeit im multiprofessionellen Team, die Förderung überfachlicher Kompetenzen, Medienpädagogik, politische Bildung und Bildung zur nachhaltigen Entwicklung und die Kommunikation mit Erziehungsberechtigten werden ebenso wie die Stärkung der Lehrerprofession und ihrer persönlichen Ressourcen vertieft in das Studium aufgenommen. Ein aufbauender Masterstudiengang in schulischer Heilpädagogik, der auf den ostbelgischen Bildungssektor zugeschnitten ist, ist in Kooperation mit anderen Universitäten in Planung.
Kurse vom Kinde her gedacht
Die Reform hat auch Auswirkungen auf die Kursbezeichnungen. In Zukunft werden die Studierenden nicht mehr in Kursen „Fachdidaktik Deutsch“ oder „Entwicklungspsychologie“ sitzen, sondern Kursen folgen, die mit ihrem Titel bereits auf die Bedeutung für die schulische Praxis hindeuten: „Kinder gestalten Sprache in Wort und Schrift“, „Kinder nutzen individuelle Lernwege“ oder „Kinder erfahren entwicklungsförderliche Beziehungsgestaltung“. „Mit diesen Bezeichnungen möchten wir verdeutlichen, dass alle Kurse vom Kinde her gedacht sind und somit das Lernen und die Entwicklung der Kinder fokussieren“, so Cathérine Mattar. Dass sich nicht nur der Rahmen, sondern auch die Inhalte ganzheitlich weiterentwickeln, wird bei der Vorstellung deutlich. Die Förderung der Kompetenzen für eine inklusive Schullandschaft ist der AHS dabei besonders wichtig.
Mehr Praktikum in verschiedenen Kontexten
Fast verdoppelt wird der Umfang der Praktika im reformierten Studium. In sechs verschiedenen Praktikumssituationen werden die Studierenden insgesamt 26 Wochen im Praktikum verbringen. Dass ein Mehr an Praktikum nicht unbedingt zur Qualitätssteigerung führt, machte Anne-Sophie Pelegrin, Referentin für die Reform an der AHS, deutlich. Um die Qualität in den ausgeweiteten Praktika zu sichern, werde die Kooperation mit den Schulen in der Region und die Zusammenarbeit mit den erprobten Lehrpersonen, die die Studierenden in den Praktika begleiten, gestärkt. Die AHS ruft Lehrpersonen zur Teilnahme an einer Pilotgruppe auf, die im Konzept der kooperativen Praktika mitwirken möchten. Dabei übernehmen die Studierenden schrittweise Verantwortung in den Klassen, lernen noch gezielter im Co-Planning und Co-Teaching mit den Lehrpersonen und können sich zu Beginn auf das Üben ganz zentraler Aufgaben im Lehrberuf konzentrieren, ein Unterstützungsgerüst, das nach und nach mit zunehmender Praxiserfahrung der Studierenden abgebaut wird.
Innovative Lehr- und Lernformate
Parallel zur inhaltlichen Ausrichtung des Studiums hat sich das Team in Bezug auf die Gestaltung des Hochschulalltags auf den Weg gemacht. „Wir möchten an der AHS noch mehr Hochschulfeeling verankern und nicht das Gefühl entstehen lassen, in einer erweiterten Sekundarschule zu sein“, sagt Cornelia Keutgen, Direktorin der AHS. Dazu wurde auch der Studienkalender angepasst, sodass im reformierten Studium mehr Zeit für Eigenarbeit und das eigentliche Studieren verankert wird. Gleichzeitig werden Prüfungsformate und -momente überdacht und Kursformate umgestaltet, teils im Blended Learning-Format. „Wir werden zukünftig verstärkt in Blöcken arbeiten, sodass Studierende sich über einen begrenzteren Zeitraum intensiver mit Inhalten auseinandersetzen können“, sagt Cathérine Mattar.
Aufnahmeverfahren als eine Zulassungsbedingung
Wer an der AHS im Fachbereich Bildungswissenschaften studieren möchte, muss auch in Zukunft ein Aufnahmeverfahren erfolgreich absolvieren. Dieses besteht weiterhin aus einer Selbstreflexion, einer Prüfung kognitiver und sprachlicher Grundvoraussetzungen und einem Gespräch. Ergänzt werden die Zulassungsbedingungen um den Nachweis des DELF-Diploms in der französischen Sprache: Studierende des Lehramts Kindergarten müssen zu Studienbeginn den Nachweis über das B1-Niveau erbringen, Studierende im Lehramt Primarstufe benötigen den B2-Nachweis.
Freude und Anspannung vor dem Studienstart im September
„Ich spüre in unserem Team viel Motivation und Vorfreude, dass es im September endlich losgeht“, berichtete Cathérine Mattar. Aber auch Anspannung und Unsicherheiten sind zu bemerken: „Natürlich sind wir gespannt, ob wir unsere Visionen wie geplant umsetzen können. Auch die Durchführung der parallel auslaufenden dreijährigen Studiengänge wird uns bestimmt vor die ein oder andere Herausforderung stellen. Aber es überwiegt ganz klar die Freude über den Start der Umsetzung der Reform“. Dass dazu nicht nur die Hochschule gefordert ist, stellt sie dabei auch klar: „Eine qualitativ hochwertige Ausbildung kann wie bisher nur im Schulterschluss mit den Praktikumsschulen geschehen. Ohne die wichtigen Praxiserfahrungen, für die es ausreichend Praktikumsplätze benötigt, geht es nicht“, so Mattar weiter.
Informationsvideo und -veranstaltungen
Um die Reform der Öffentlichkeit zu präsentieren, hat die AHS ein Werbevideo erstellt, welches über ihre Webseite und über sämtliche soziale Kanäle aufgerufen werden kann. Zudem lädt die AHS Studieninteressierte zu ihrem Studieninformationstag am 9. April ein, bei dem auch die anderen Studiengänge der AHS vorgestellt werden. Im Juni lädt die AHS nochmals alle Interessierten zur öffentlichen Vorstellung der Reform und zum Austausch über die reformierte Ausbildung ein.
Mehr Infos: www.ahs-ostbelgien.be

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